Eine bewegende Begegnung deutscher und polnischer Jugendlicher in Berlin: Gemeinsames Erinnern an die Vergangenheit als Schlüssel für ein demokratisches Europa von morgen.
20 deutsche Jugendliche aus den neunten und zehnten Klassen des AG gleichaltrige polnische Jugendliche dem Liceum der Nazaret-Schwestern in Kielce machten sich im Ende April gemeinsam auf den Weg nach Berlin – auf der Suche nach Spuren der Vergangenheit, mit dem Blick auf eine gemeinsame Zukunft. Im Zentrum stand das Erinnern: an die Schrecken der NS-Zeit, an die Orte, an denen Menschen zu Tätern wurden – aber auch an jene, die ihre Menschlichkeit bewahrten.
Die Hauptstadt wurde zur lebendigen Lernlandschaft. Am Ort der Wannseekonferenz und in der Ausstellung „Topographie des Terrors“ wurden historische Entscheidungen greifbar, deren Folgen wir später am Mahnmal für die ermordeten Juden Europas und im Jüdischen Museum intensiv nachempfanden. Das Jüdische Museum beeindruckte nicht nur durch seine bewegenden Inhalte, sondern auch durch seine außergewöhnliche Architektur – ein Ort, der Geschichte fühlbar macht und Fragen an die Gegenwart stellt.
Gleichzeitig zeigte der Besuch der Gedenkstätte „Stille Helden“ und des Museums Blindenwerkstatt Otto Weidt, dass selbst in dunkelsten Zeiten Mut, Mitgefühl und Menschlichkeit möglich waren – bewegende Kontraste zu den Schaltzentralen des Schreckens.
Ein besonderes Highlight war zudem der Besuch des Deutschen Bundestags. Bei einer Führung durch das Reichstagsgebäude und einem Blick von der gläsernen Kuppel aus über Berlin spürten wir ganz konkret, wie lebendige Demokratie heute aussieht – und wie wichtig es ist, sich aktiv für ihre Werte einzusetzen.
In intensiven Gesprächen, teils auf Englisch, teils mit ein paar erlernten Worten in der jeweils anderen Sprache, entwickelten die Jugendlichen eigene Antworten. Unterschiedliche Blickwinkel führten zu neuen Perspektiven – und zu einem echten Miteinander.
Trotz der schweren und oft bedrückenden Inhalte kam auch der Spaß nicht zu kurz: Gemeinsames Spielen, Tanzen und Lachen gehörten genauso dazu wie die stillen Momente des Gedenkens. Die Abende boten Raum für Leichtigkeit und Freude – und stärkten das Gemeinschaftsgefühl auf besondere Weise.
Zum Abschied flossen Tränen: Die Eindrücke waren tief, die Gespräche offen, die neugewonnenen Freundschaften ehrlich.
Diese Reise hat Spuren hinterlassen – nicht nur auf dem Berliner Stadtplan, sondern vor allem in den Herzen der Teilnehmenden. Und vielleicht ist genau das der Anfang einer neuen Erinnerungskultur: Eine, die verbindet, inspiriert und Mut macht für die Zukunft Europas.
Möglich wurde die Begegnung allerdings erst durch die großzügige Unterstützung zahlreicher Förderer: durch das Deutsch-Polnische Jugendwerk, die Sanddorf-Stiftung, die Reiner-Bickelmann-Stiftung, die Axel-Springer-Stiftung sowie den Lions Club Coburg.
Herzlichen Dank für die prägenden Erfahrungen, die sie den Jugendlichen dadurch ermöglichen!
Thorsten Zipf