Trans-Frau Mariposa berichtet von ihrer Vergangenheit in Kolumbien und der Diskriminierung, die sie seit Jahrzehnten erfährt.
Zu fünft stattete der Nürnberger Verein „IMEDANA“ (www.imedana.de) der elften Jahrgangsstufe einen Besuch ab. Im Rahmen des von der EU geförderten Projekts „Rosa Asyl 2.0“ schilderte Mariposa, mit vollem Namen María Victoria Leguizamo, ihre Kindheit und ihr junges Erwachsenenleben in Kolumbien bis zur nötigen Flucht nach Deutschland.
Thematisch ziemliches Neuland für die Arnoldinerinnen und Arnoldiner und das gleich in mehrerlei Hinsicht. Der Vortrag wurde komplett auf Spanisch gehalten, da das Deutsch der Berichtenden für solch komplexe Darstellungen noch nicht ausreicht, aber dafür professionell gedolmetscht.
Notgedrungen floh María Victoria, studierte Juristin, nach Jahrzehnten der Ablehnung und erfahrenen Verachtung dann auf Grund einer konkreten Morddrohung nach Deutschland. Bereits mit fünf Jahren war ihr bewusst, dass sie in einem männlichen Körper gefangen war, Verständnis fand sie hierfür nirgendwo – auch nicht in ihrem Zuhause. Trotz der physischen und psychischen Übergriffe entschied sie sich dafür, ihre schulische Karriere nicht abzubrechen und vielmehr einen möglichst angesehenen Studienabschluss anzustreben, um so mehr für Menschen in ihrer bedrohlichen Lage erreichen zu können. Als Menschenrechtsaktivistin in Kolumbien wurde sie schnell zur Zielscheibe vieler hasserfüllter Menschen.
So gestaltete sich die Veranstaltung als äußerst kurzweilig. Private Erfahrungen, von den Problemen mit der eigenen Familie bis zu den vielen plastischen und hormonellen Eingriffen, die teilweise ihr Leben lang andauern werden, wechselten sich mit einem Überblicksvortrag über die LGBTIQ+-Gemeinschaft und dem bereits in Kolumbien Erreichten ab.
Die grundlegende Botschaft für die Schülerinnen und Schüler wiederholte Mariposa eindringlich: Wir sind alle verschieden und wir sind dennoch alle Menschen. Respekt vor dem Anderen, Achten der Würde des Gegenübers und das Einhalten der Menschenrechte müssen das Ziel einer menschlichen und menschenwürdigen Gesellschaft sein. Und das überall!
Im letzten Teil der Veranstaltung konnten die Zuhörerinnen und Zuhörer Fragen aller Art an Mariposa stellen. So wurden beispielsweise Zeitraum und Kosten der körperlichen Neugestaltung erfragt, der Grund, weshalb sie genau nach Europa bzw. Deutschland fliehen „wollte“, und eben die exakten Umstände, die sie zu dieser Flucht zwangen. Völliges Unverständnis zeigte Mariposa gegenüber Personen, die Flüchtenden unterstellen, das deutsche Sozialsystem ausnutzen zu wollen und eigentlich freiwillig nach Deutschland kämen. Niemand würde seinen Freundeskreis, seine Kultur, seine Heimat und Sprache, seinen Beruf, seine Familie, seinen Status und sein bisheriges Leben hergeben, um in Deutschland bei null und mit Nichts anzufangen. Und das, ohne die Möglichkeit, arbeiten zu dürfen – geschweige denn im erlernten oder studierten Beruf, ohne sprachliche und kulturelle Anknüpfungspunkte, ohne Freunde, ohne Wohnung oder Eigentum.
Alles in Allem konnte die Veranstaltung dem Publikum sowohl das Thema Flucht und Asyl wie auch die Transgender-Thematik nahebringen – komplett getragen von der sehr motivierenden Menschenrechtsaktivistin, Influencerin, ersten offiziellen Trans-Frau Kolumbiens, Verfolgten und Geflüchteten Mariposa.
Philipp Pfister