Tacheles: Junges Theater Augsburg fesselt und löst Betroffenheit aus

„Jetzt dieser Typ, wie der auch immer heißt. Der ist jetzt halb Jude und halb Pole. Du musst dir jetzt vorstellen, gerade in einem Rapbusiness, müssen wir uns nicht anlügen, wenn er jetzt ankommt und sagt ‚Ich bin Jude‘ ist er schon fast unten durch. Stimmts? Reden wir Tacheles, doch, ist er unten durch. Wir brauchen uns nix vorzumachen."
Mit diesen einführenden Zeilen, denen des Clan-Chefs Arafat Abou-Chaker im Lied „Kronzeuge“ des jüdischen Rappers Ben Salomo, zogen die Akteurinnen und Akteure des Jungen Theaters Augsburg das Publikum ein erstes Mal in ihren Bann.

Am 16.02.2023 wurde das Theaterstück „Tacheles“ (jüd. für: Klartext reden) für die Schülerinnen und Schüler der neunten Jahrgangsstufe in der Zweifachturnhalle des Arnold-Gymnasiums aufgeführt und im Anschluss mit Fragerunde und Workshops im Klassenverband vertieft und abgerundet.

Vom Landratsamt Coburg und der Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Coburg initiiert, konnte „Tacheles“, das auf Recherchematerial, autobiografischen Erlebnissen und O-Tönen junger Jüdinnen und Juden basiert, mit markanten Beispielen aus dem Fußballverein, dem Rap und der Verschwörungsszene für antisemitische Vorurteile sensibilisieren. Dies gelang auf eine herausragende Art und Weise, was eine äußerst gespannte Atmosphäre im Publikum und die klare Betroffenheit der jungen Zuschauerinnen und Zuschauer im Nachgang belegten.

Gerade die fundierten Faktenchecks und die ins Stück integrierten Originalaufnahmen vieler Menschen, unter anderem ein Beitrag einer Jugendfußballmannschaft mit jüdischem Hintergrund aus der Frankfurter Region, welche nach einem Spiel in der Gästeumkleide, ihrer „Gaskammer“ eingesperrt und beleidigt wurde, berührten und verstörten zugleich.

Von sechs Theaterpädagoginnen und -pädagogen wurden im Anschluss an die Vorstellung Workshops zur Antisemitismusprävention durchgeführt. Hauptziel des Ganzen war es, ein Bewusstsein für die eigenen, ganz persönlichen Vorurteile, egal zu welchem Thema, zu entwickeln und diese kritisch zu reflektieren.

Auch Erläuterungen dazu, dass Pauschalisieren, Kategorisieren und letztendlich auch Vorurteile wichtige Vorgänge im Menschen darstellen bzw. Aufgaben erfüllen, wurden von den Schülerinnen und Schülern aufmerksam gehört – freilich immer wieder mit spielerisch eingeführten Hinweisen, dass diese Denkmuster stets hinterfragt, sortiert und gegebenenfalls eben auch berichtigt, aufgelöst oder verworfen werden müssen.

Das Arnold-Gymnasium kann sich freuen, ein solch hochwertiges Programm direkt vor Ort dargeboten bekommen zu haben.
Als ein nächstes Projekt als Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage, wird der Versuch unternommen, Rapper Ben Salomo, eingangs erwähnt, noch in diesem Schuljahr für einen Vortrag am AG zu gewinnen. Wir machen also weiter, im Großen wie im Kleinen.

Philipp Pfister