Hilfe für Erftstadt: Ein Arnoldiner berichtet

Noël Müller war Ende Juli nach den katastrophalen Überschwemmungen als Helfer in Erftstadt im Einsatz. Wie es dazu kam und was er dort erlebt hat, erzählt er im folgenden Beitrag:

"Durch die Medien haben wir alle von den schlimmen Fluten und Überschwemmungen erfahren und viele schreckliche Bilder gesehen. Meine Familie hat in der Nähe von Erftstadt Freunde, die uns per Telefon von den katastrophalen Zuständen berichteten. Meine Mutter beschloss dann sehr schnell, dass auch wir helfen müssen, und startete eine große Spendenaktion. Wir organisierten vom Montag, den 19. Juli, an Lebensmittel, Hygieneartikel und Werkzeuge wie Schaufeln, Besen, Schieber, etc., um diese dann am Donnerstag, den 22. Juli, im Konvoi mit mehreren Fahrzeugen nach Erftstadt zu bringen. Aufgrund der hohen Spendenbereitschaft durch zahlreiche Firmen und Privatleute konnten wir einen Sprinter und und zwei „Crafter“ bis unter das Dach füllen. Außerdem begleitete uns ein Fahrzeuggespann mit einem Stromwagen, der Starkstrom abgeben konnte, um eine Stromversorgung im Katastrophengebiet sicherzustellen.

An diesem Tag durften die Anwohner das erste Mal nach der Flut wieder zurück in ihre Häuser, nachdem ein Gutachter hierfür die Erlaubnis gegeben hatte. Meine Mutter hatte im Vorfeld sehr viele Kontakte geknüpft und so sorgte der Landrat in Kooperation mit der zuständigen Stelle für besonders schwere Katastrophen dafür, dass wir zusammen mit Anwohnern, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und Bundeswehr in den Ort durften, um dort zusammen ein Erstversorgungszentrum aufzubauen.

Bereits nach der ersten Straßensperrung durch die Polizei sahen wir, was für ein Ausmaß an Zerstörung stattgefunden hatte, angefangen mit einer von Schlamm bedeckten Autobahn, die teilweise aufgesprengt war, bis sich dann die ersten Häuser zeigten. Je weiter wir in den Ort kamen desto schlimmer wurde die Zerstörung und es machte sich bei uns Fassungslosigkeit breit. Es fehlen noch heute die Worte, diese Zustände zu beschreiben.

Unser zugewiesener Stützpunkt, der den Hauptinformations-Point in Zusammenarbeit mit der Polizei, Feuerwehr, THW, Bundeswehr und uns bildete, war in der Frauentaler Straße Schnell wurden wir und alle anderen Einheiten zu einem perfekt funktionierenden Team, das Hand in Hand zusammenarbeitete und jeder dem anderen half. Wir bauten dort unseren Stand auf und begannen Getränke und Essen zu verteilen. Die erste Zeit mussten wir auf die Menschen dort zugehen, denn diese „schämten“ sich, etwas entgegen zu nehmen, da sie sich ein Leben lang selbst versorgen konnten. Wir konnten durch tröstende und einfühlsame Worte die Menschen dazu bewegen, dass sie Vertrauen bekamen und sich mit all ihren Sorgen und Probleme an uns wenden können. Dadurch erweiterte sich sehr schnell unser Aufgabenfeld und wir mussten schnelle, unbürokratische Hilfe in verschiedensten Bereichen leisten.

Wir haben für die Polizei zeitweise den Verkehr geregelt, weiter Spenden angenommen bzw. koordiniert, wo diese hin sollten, LKWs von nachbestellten Gütern in Minuten abgeladen, der Bundeswehr beim Müll aufladen geholfen und vieles mehr. Im Gegenzug hat die Polizei uns Benzin an der Tankstelle geholt oder die Bundeswehr für uns Getränkepacks getragen.

Außerdem unterstützen wir die Menschen und Helfer mit vielen Gesprächen und Tipps oder hörten einfach nur zu, nahmen Menschen in den Arm und ließen sie weinen. Wir räumten Häuser mit leer, in denen sich ein Gemisch aus Schlamm, Öl und weiteren Stoffen gesammelt hatte, und warfen den Müll, der sich vor den Häusern immer weiter häufte, in Mulden, Radlader sowie in die großen Bundeswehr-Fahrzeuge, die den Müll abtransportierten.

Es ist so schwierig, die Situation, die wir dort vorfanden wiederzugeben. Ein Bundeswehrsoldat, der im Kosovo Krieg eingesetzt war, sagte zu uns, dass es dort nicht annähernd so schlimm war.

Die Menschen in Erftstadt, die seit Tagen dort ihr Zuhause aufräumten und keine Perspektive haben, wann sie wieder in ihrem Haus leben können, haben so eine Herzlichkeit und Wärme ausgestrahlt und ich bin dankbar, dass ich dort helfen durfte."

Bericht und Bild: Noël Müller

Dr. Karl-Heinz Sänger