In der Schule für höhere Teufelei

Auf dem Programm stand Goethes Drama „Faust“. Gezeigt wurde es als Lehrstück, in dem die Schüler der Oberstufe selbst von einem teuflischen Lehrmeister in die Kunst der Menschenführung eingeweiht wurden: Lernen am großen Vorbild Mephisto, lernen wie dieser durch Verstellung und Manipulation Gott und Faust täuscht. Ein wahrliches Meisterstück!

Erleben konnten es die Oberstufenschüler in der Pausenhalle, in der Ekkehart Voigt vom hessischen Theater „Als Ob“ in einer Solo-Aufführung sechs Personen des Stücks eindrucksvoll in Szene setzte. Dirigiert wird die Darbietung von ihm als Lehrer, der am Beispiel der Faust-/Gretchentragödie den Schülern Mephistos Teufelskünste verdeutlicht und sie selbst zu Opfern werden lässt, indem willkürlich ausgewählte Zuschauer zu Helfern herangezogen werden.

Gekonnt wechselt Voigt zu Goethes Figuren und gibt diesen durch Variation von Stimme und Haltung ihre Persönlichkeit. Als Teufel reibt er sich die Hände, verschränkt verklemmt die Arme als Gretchen oder betont den Busen als lüsterne Nachbarin Marthe. Die Aufführung lebt von der Wandlungsfähigkeit des Schauspielers, da das Spiel auf der kargen Bühne nur durch wenige Requisiten unterstützt wird.

Voigt schafft es, die 140 Zuschauer neunzig Minuten zu fesseln, indem er präsentiert, interagiert, zuweilen auch provoziert und Brücken zur Lebenswirklichkeit des jungen Publikums herstellt.

Am Ende gibt es für jeden Schüler zur bestandenen Prüfung vom Lehrmeister einen Schein: einen Schein, der, wie zu lesen ist, allerdings trügt. Denn nicht Lug und Trug sollen die Welt beherrschen; Mephisto hat einen Pyrrhus-Sieg errungen! Auch wenn dessen Lachen beim Abgang des Schauspielers noch nachhallt, macht Ekkehart Voigt in der Nachbesprechung deutlich, dass nur die Liebe zwischen den Menschen das sein kann, was die Welt im Innersten zusammenhält. Das also war des Pudels Kern.

Werner Schwarz